Zum Inhalt springen

Christliche Popmusik:Musik, die verbindet

Das etwas andere Musikfestival unserer Werkstatt Neues Geistliches Lied
Beim „Festival religiöser Lieder“ werden jedes Jahr neue Kompositionen der Bamberger „Werkstatt Neues Geistliches Lied“ unter das Volk gebracht und mit Leben gefüllt. Doch die Veranstaltung ist mehr als das. An ihr wird deutlich, wie Musik und Musizieren unsere Herzen bewegen können.
Datum:
Veröffentlicht: 15.4.24
Von:
Dominik Schreiner

Auf Burg Feuerstein bei Ebermannstadt herrscht Trubel. Hinter jeder zweiten Tür tönt und groovt es. Gleich neben dem Eingangsbereich probt die Teenieband – noch etwas aus dem Takt. Beim Familienkurs im Blauen Saal werden gerade die Instrumente ausprobiert und verteilt. Und bei der Elektro-Combo im Pavillon laufen die Synthesizer schon seit den Morgenstunden auf Hochtouren.

Wenn man an diesem Wochenende durch die Gänge des Jugendhauses läuft, wird man begleitet von einer Melange aus wohltuenden Klängen und eifriger Geschäftigkeit. Jung und Alt, Schlagzeuger und Flötenspielerin – alle arbeiten hier gemeinsam auf etwas hin: den großen Auftritt am Ende. Und der hat es in sich. Denn die insgesamt acht Bands, Combos und Chöre, die sich in den verschiedenen Ecken des Hauses eingerichtet haben, sind frisch zusammengewürfelt.

Das ist das Konzept des Festivals religiöser Lieder: Wer singen oder ein Instrument spielen kann, kann mitmachen und für das Wochenende Teil einer Musikgruppe werden. Diese interpretiert dann Lieder aus dem aktuellen Arrangementheft der Werkstatt Neues Geistliches Lied (NGL). Alle fangen bei null an. Vereinzelt kennt man sich, aber ein gemeinsamer Rhythmus muss erst noch gefunden werden.

tobias_luebbers_0033

Da passieren kleine Wunder!"

Tobias Lübbers

frl_2023_4382

„Das Schwierigste ist die erste Probe, da geht noch ziemlich viel schief “, verrät Jakob. Der Neunjährige spielt Klarinette und Blockflöte in der Kinderband. Er war schon oft dabei und sagt, dass es nach den ersten Startschwierigkeiten dann doch meist schneller geht, als man denkt – mit dem gemeinsamen Rhythmus. Wenn alle richtig konzentriert spielen, fühlt man sich seinen Worten nach schon bald wie eine waschechte Band oder „wie ’ne Burgfamilie“. Musik verbindet eben.

Das kann auch Felicitas bestätigen. Die Bambergerin nimmt seit 2013 regelmäßig am Festival teil – und ist damit nicht allein: „Viele Leute kommen jedes Jahr wieder“, sagt sie, „weil es einfach überwältigend ist, was man hier innerhalb von zwei, drei Tagen gemeinsam schaffen kann.“ Mittlerweile spielt die 19-Jährige sogar in einer Kirchenband, die bei einem der vergangenen Festivals hier auf Burg Feuerstein gegründet wurde – „Full of Fire“. Eine echte Erfolgsgeschichte.

frl_2023_2995

So wie auch die Geschichte des Festivals insgesamt: Seit 1990 findet es jährlich statt. Nun schon zum 34. Mal. „Es gab sogar schon Jahre, da haben die Kapazitäten von Burg Feuerstein nicht ausgereicht. Da mussten wir Workshops auslagern und Shuttlebusse organisieren“, sagt Tobias Lübbers, Leiter der Werkstatt NGL und Mitorganisator des Festivals. Diesmal sind es knapp über hundert Teilnehmende im Alter von 1 bis 70 Jahren. Unterstützt werden sie von 20 Referentinnen und Referenten der Werkstatt NGL – Profimusikerinnen und -musiker, die den verschiedenen Gruppen in den insgesamt rund acht Probestunden während des Wochenendes zur Seite stehen. Dabei geht es laut Lübbers weniger um Unterricht für einzelne Instrumente, wie in der Musikschule, sondern vielmehr um das Zusammenspiel in der Gruppe, das Arrangement. Jeder soll mit seinem Talent zum Einsatz kommen, seine Kreativität einbringen. Alle entscheiden gemeinsam, wie das jeweilige Stück mit Dramaturgie gefüllt werden soll: „Da passieren kleine Wunder!“

Damit ist das Festival religiöser Lieder für Lübbers ein Zeugnis von lebendigem, klingendem Glauben – ein Paradebeispiel dafür, „dass Kirche am Puls der Zeit sein und junge wie alte Menschen begeistern kann“. Und das ist letztlich genau die Mission, der sich die Werkstatt NGL im Erzbistum Bamberg verschrieben hat: am Puls der Zeit sein, Kirchenmusik an die Hörerwartungen und Hörerfahrungen der Menschen anpassen, Popularmusik in sakrale Bauten bringen. Als Band, als Chor oder auch als Elektrocombo mit ganz viel Bass. Nicht als Konkurrenz zur klassischen Kirchenmusik, aber als sinnvolle und notwendige Ergänzung. Das treiben Lübbers und sein Team mit Veranstaltungen wie dem Festival, Konzerten, Workshops und zahlreichen Fortbildungsangeboten voran.

frl_2023_3663

Wie das konkret aussehen kann, bekommen die Besucherinnen und Besucher des Abschlusskonzerts dann eindrucksvoll gezeigt. Die große Oberkirche von Burg Feuerstein ist vollgepackt mit bunten Scheinwerfern und Bühnenequipment. An dem sonst doch eher stillen Ort wird es zum Ende des Wochenendes richtig laut. Von einem Adrenalinrausch spricht Jakob, wenn er mit der Klarinette in der Hand auf der Bühne steht und Melodien spielt, die Gott loben.

Das klingt im ersten Moment vielleicht etwas paradox, nicht wirklich andächtig und religiös. Doch wenn man bei Liedern wie „Zwischen Himmel und Erde“ mit hineingezogen wird in den Rhythmus – so wie alle um einen herum auch –, dann ist da plötzlich eine ganz andere Form von Andächtigkeit. Dann ist da eine gemeinsame Wellenlänge, die den Raum zum Vibrieren und Schwingen bringt, eine Emotionalität, von Tönen getragen, die einen ganz nah fühlen lässt zu seinem Nächsten – und, ja, irgendwie auch zu Gott. Musik verbindet eben.

Die Werkstatt Neues Geistliches Lied ist die Fachstelle zur Förderung, Präsentation und Weiterentwicklung des NGL im Erzbistum Bamberg. Gemeinsam mit Leiter Tobias Lübbers tragen etwa 35 nebenamtliche Referentinnen und Referenten das umfangreiche Angebot. Dazu gehören unter anderem Workshops zu verschiedensten Themen, Band-Coachings, Equipment-Beratung, Materialien wie Arrangement- und Liederhefte sowie eigene Konzerte und Gottesdienste.

Unter www.ngl-bamberg.de gibt es weitere Informationen – übrigens auch zum nächsten Festival religiöser Lieder, das vom 25. bis 27. Oktober 2024 stattfindet.

Herzliche Einladung!